Talea Prepens: "Ich bin ein absoluter Wettkampf-Typ"
  05.07.2023 •     NLV News , Verband , Leistungssport


Im zweiten Jahr in Folge krönte sich Talea Prepens (TV Cloppenburg) am Wochenende in Göttingen mit Siegen über 100 und 200 Meter zur Sprintkönigin der U23-Meisterschaften. Im Interview der Woche erzählt sie, warum sie in den letzten Wochen viel an ihrer Form gezweifelt hat, was sie sich für die U23-Europameisterschaften vorgenommen hat und welche Rolle das Kinderleichtathletik-Training in ihrer Entwicklung gespielt hat.

Birte Grote

Herzlichen Glückwunsch zum zweiten Titel des Wochenendes! Können Sie beschreiben, wie sich der 200-Meter-Lauf angefühlt hat?

Talea Prepens: Vielen Dank! Der Lauf hat sich einfach richtig gut angefühlt. Natürlich habe ich schon gemerkt, dass ich gestern drei 100-Meter-Läufe hatte und heute auch schon den Vorlauf über 200 Meter. Das geht nicht spurlos an einem vorbei. Aber ich bin so glücklich über die Zeit [23,36 sec]. Dass es noch so genial wird, hätte ich nicht gedacht. 

Sie haben dieses Wochenende beide Normen für die U23-EM geschafft. Werden Sie in Espoo auch auf beiden Strecken an den Start gehen?

Talea Prepens: Nein, ich werde nur über 200 Meter starten. Ich habe mir gesagt: Wenn ich auch über 200 Meter die Norm schaffe, werde ich auf dieser Strecke starten. Da ich auch in der Staffel gesetzt bin, wäre die Belastung sonst zu groß. Tendenziell stehe ich über die 200 Meter auch einfach besser da.

Laufen Sie diese Strecke auch lieber?

Talea Prepens: Oh, das kann ich nicht genau sagen. Ich laufe beide sehr gerne. Aber die 200 Meter reizen mich schon ein wenig mehr.

Sie haben da ja auch noch diesen großartigen Erfolg des U18-Weltmeistertitels von 2017 über die 200 Meter. Ist das etwas, aus dem Sie immer noch Motivation schöpfen? 

Talea Prepens: Ja, das ist immer noch etwas ganz Besonderes. Im letzten Herbst habe ich mir das Video von der WM noch einmal angeguckt und stand kurz vor den Tränen.

Was bedeutet ihnen dieser erneute Doppelsieg, den Sie heute geschafft haben?

Talea Prepens: Sehr viel. Ich hatte in letzter Zeit einige muskuläre Probleme. Ich hab dann auch angefangen, an mir selbst zu zweifeln. Es passte in den Rennen nicht. Ich bin super Trainingszeiten gelaufen, aber habe es im Wettkampf nicht auf die Bahn bekommen. Über 100 Meter bin ich mit der fünftschnellsten Zeit angereist und habe mir da wirklich überhaupt nichts ausgerechnet, und dass es jetzt wieder ein Doppel geworden ist, bedeutet mir so viel.

Würden Sie sagen, es ist Ihre große Stärke, dass Sie ein Wettkampf-Typ sind?

Talea Prepens: Auf jeden Fall. Ich bin ein absoluter Wettkampf-Typ. Wenn es drauf ankommt, kann ich eigentlich immer abliefern. Nur in letzter Zeit lief es nicht so gut bei mir, da bin selbst ich dann auch ein bisschen wackelig geworden.

Wie haben Sie die muskulären Probleme in den Griff bekommen?

Talea Prepens: Ich hatte eine gute Betreuung, und ich muss auch sagen:  Ohne meine Familie würde ich hier nicht mit diesem Erfolg stehen. Die haben mich immer wieder aufgebaut und mich durch die letzten Wochen getragen. Jetzt bin ich grad glücklich, dass alles zum ersten Saisonhöhepunkt gehalten hat. Die EM kommt dann als nächster Höhepunkt.

Haben Sie sich schon für Espoo schon ein Ziel vorgenommen?

Talea Prepens: Auf eine Platzierung möchte ich mich nicht festlegen. Da kann alles passieren. Man selbst kann einen schlechten Tag haben oder andere wachsen über sich hinaus. Aber wie gesagt, ich bin absoluter Wettkampf-Typ. 2017 bin ich meine Bestzeit bei der WM gelaufen, 2021 bin ich meine Bestzeit bei der EM gelaufen. Da ist noch viel offen und heute war noch nicht das Ende der Fahnenstange.

Sind Sie jemand, der sich die Meldelisten vor dem Wettkampf immer genau anschaut?

Talea Prepens: Schande über mich: Ja. Allerdings will ich auch nicht immer alles auf die Goldwaage legen. Ich weiß nur immer gerne, gegen wen ich laufe. Über die Jahre habe ich ja auch schon viele Leute kennengelernt.

Ihre Eltern Harald und Regine Prepens sind auch Ihre Trainer. Klappt das immer gut oder gibt es da auch mal Konflikte?

Talea Prepens: Das gibt natürlich auch mal Konflikte. Wenn es mal Zoff gibt, nimmt man das halt auch mit nach Hause. Andere sagen, den Trainer sehe ich erst in zwei Tagen wieder, und bei uns ist das auch noch beim Abendessen auf dem Tisch. Andererseits kennen wir uns wirklich gut und können uns gut einschätzen. Und wenn es mir mal nicht gut geht, können wir spontan umplanen. Wir sind als Familie ein gutes Gespann. Mein Bruder Torben macht ja auch Leichtathletik. Besonders während der Corona-Zeit habe ich es wirklich zu schätzen gelernt. Wir konnten die ganze Zeit durchtrainieren. Wir haben da sozusagen ein Intensiv-Heim-Trainingslager daraus gemacht.

Ihr Vater ist in Niedersachsen als Experte für Kinderleichtathletik-Training bekannt. Haben Sie auch nach diesem Prinzip trainiert und hat Sie das auch für Ihr jetziges Training geprägt?

Talea Prepens: Ich konnte nie bei richtigen KiLa-Wettkämpfen starten, weil ich da schon rausgewachsen war, als die so richtig gestartet sind. Aber ich habe ich viele Inhalte der Kinderleichtathletik trainiert. Das hat mich auf jeden Fall weitergebracht, weil es eine andere und vielfältigere Herangehensweise ist. Manchmal braucht man einfach andere Anregungen für den Kopf.

Sie waren auch als Mehrkämpferin erfolgreich. Trainieren Sie zwischendurch noch andere Disziplinen?

Talea Prepens: In der Wintersaison bzw. im Aufbau machen wir viel Training in der Halle. Dort trainiere ich am Reck, an den Ringen oder mache Bodenturnen, um Raumgefühl und Kraft zu bekommen. Aber Kraft nicht nur, indem ich an die Hantel gehe, sondern Sprünge mache oder turne – alles das, was meinen Körper stabilisiert und mich im Raum orientiert. Letztes Jahr bin ich noch über die Hürden, mit Kugel und Diskus gestartet. Zum Ende der Saison mache ich das immer noch sehr gerne.

Sie sind in ihrem letzten U23-Jahr. Haben Sie Respekt vor der starken Konkurrenz innerhalb des Frauen-Sprints? Insbesondere die Staffel-Startplätze sind immer hart umkämpft.

Talea Prepens: Ja, wir haben natürlich sehr viele gute Sprinterinnen. Das geht immer sehr eng zu. Andererseits gibt es vier Startplätze für die Staffel, und ich denke, dass ich eine Chance habe, in den nächsten Jahren da mal mitlaufen zu können. Ich werde diese Saison mein Bestes geben und dann guter Dinge in die nächste Saison gucken.

Wir verbinden sie gerade ihre berufliche Ausbildung und den Leistungssport?

Talea Prepens: Ich habe Ende 2021 Studium in Oldenburg für Hörtechnik und Audiologie angefangen. Eigentlich stecke ich gerade auch in der Prüfungsphase und schreibe nächste Woche auch noch zwei Klausuren. Ich kann gut mit dem Zug zwischen Cloppenburg und Oldenburg pendeln. Und auch wenn man eine gute Balance zwischen Studium und Sport finden muss, macht es mir wirklich viel Spaß.


Talea Prepens: "Ich bin ein absoluter Wettkampf-Typ"